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Der Erste Athener Friedhof ist nicht nur ein Stadtfriedhof, sondern auch eine beeindruckende Denkmalstätte. Für viele ist er das bedeutendste Skulpturenmuseum des Landes, und das nicht ohne Grund, denn bereits seit dem 19. Jahrhundert beherbergt es Grabdenkmäler, die wahre Kunstwerke sind.
Direkt am Eingang der Anlage befindet sich eines der wichtigste unter ihnen, die Skulptur „Die Schlafende“ von Giannoulis Chalepas. Das Werk schmückt das Grab von Sophia Afentakis, der Tochter des wohlhabenden Kaufmanns Konstantinos Afentakis. Um den Tod der jungen Sophia, die im Alter von nur 19 Jahren vermutlich an Tuberkulose starb, entstanden verschiedene Legenden, von denen eine besagt, dass sich die junge Sophia in einen italienischen Tenor verliebt habe. Da dies von ihrem Vater nicht gutgeheißen wurde, beschloss sie, wie eine andere Julia, ihrem Leben ein Ende zu setzen, indem sie sich vergiftete.
Der junge Giannoulis Chalepas, der gerade von seinem Studium in München zurückgekehrt war, wurde von Sophias Familie gebeten, ein Werk für ihr Grab zu schaffen. Das Ergebnis verzauberte ganz Athen, dessen Einwohner den Friedhof besuchten, um die Ausdruckskraft von Gesicht und Körper der „Schlafenden“, wie sie später genannt wurde, zu bewundern. Rechts neben dem Eingang befindet sich ein weiteres bedeutendes Werk, die „Mana tis Katochis“ (Mutter der Besatzung), das aus Bronze gefertigt ist. Es stellt eine abgemagerte Frau dar, die tot auf einem Felsen liegt, mit einem Baby, das versucht, von ihrer Brust zu trinken. Obwohl es sich nicht um ein Grabdenkmal handelt, wurde es dort zum Gedenken an alle Frauen und Menschen aufgestellt, die im besetzten Athen durch Hunger und Not ihr Leben verloren. Das Werk ist eine Schöpfung von Kostas Valsamis, der einer der bedeutendsten Bildhauer seiner Generation war.
Auf einer Erhebung am Anfang des Ersten Athener Friedhofs befindet sich das Grab von Heinrich Schliemann, dem deutschen Pionier auf dem Gebiet der Archäologie, der die Ausgrabungen des antiken Troja und Mykene leitete. Das Denkmal wurde von Ernst Ziller entworfen, dem deutschen Architekten, der auch einige der schönsten und beeindruckendsten neoklassizistischen Gebäude in Athen entwarf, beispielsweise die Athener Trilogie aus Nationalbibliothek, Universität und Akademie. Das Werk ist eine Kopie eines dorischen Tempels und die Darstellungen, die seinen Sockel schmücken, zeigen Szenen aus der Ilias und der Odyssee. Die Skulpturen des Grabes sind Werke von Georgios Xenakis.
Neben der Kirche Agios Lazaros befindet sich eines der größten Grabdenkmäler Griechenlands. Es wurde von den Bildhauern aus Tinos Georgios und Lazaros Fytalis gefertigt und ist ein Standbild von Michail Tositsas, eines der wichtigsten Wohltäter des griechischen Staates. Die Statue ist in natürlicher Größe gefertigt und steht auf einem hohen Sockel, der mit einem antiken Relief mit vier weiblichen Figuren geschmückt ist, Personifikationen der Städte Athen, Alexandria, Metsovo und eventuell Thessaloniki, die um die Urne herum trauern.
Der „Trauernde Geist“, wie der Todesengel anders genannt wird, ein Symbol für Kummer und Trauer, der zusammengekauert auf dem Grab liegt und um den Toten trauert, gehört ebenfalls zu den schönsten und beeindruckendsten Skulpturen auf dem Friedhof. Er schmückt das Grab der Familie Koumelis und ist eine Schöpfung von Ioannis Vitsaris, einem der bedeutendsten Bildhauer des 19. Jahrhunderts.
Innerhalb der Friedhofsanlage entdeckt man das Werk zeitgenössischer Kunst von Yiannis Parmakelis mit dem Titel „Märtyrer und Opfer“, das das Grab der Familie von Nikos und Aikaterini Goulandris schmückt. Es stellt eine in der Luft schwebende männliche Figur dar, mit der der Künstler all die unbekannten Menschen ehren möchte, die ungeachtet des Preises und der Risiken zur Entwicklung der menschlichen Zivilisation beigetragen haben.
Im zentralen Korridor des Ersten Athener Friedhofs, der den Platz von Agioi Theodoroi und die Kirche von Agios Lazaros verbindet und gleichzeitig der zentrale Teil der Grabstätte ist, befinden sich einige der historisch bedeutendsten Denkmäler. Hier findet man unter anderem Gräber von Kämpfern des Griechischen Unabhängigkeitskriegs von 1821, wie etwa von Andreas Metaxas aus Kefalonia, der von 1843 bis 1844 Premierminister Griechenlands war. Man sieht auch das Familiengrab eines anderen Freiheitskämpfers und späteren Premierministers Griechenlands, das von Konstantinos Kanaris, das nicht aufwendig mit Skulpturen geschmückt ist, sondern von Schlichtheit geprägt ist und das Marinesymbol trägt. Dieselbe Ästhetik charakterisiert auch die Gräber von Emmanuil Xanthos und Odysseas Androutsos.
Im Gegensatz dazu steht eines der eindrucksvollsten Denkmäler dieses Teils, das von General Makrygiannis, dessen Büste vor der Miniatur eines antiken griechischen Tempels thront. Das Kenotaph von Theodoros Kolokotronis ist ein weiteres Wahrzeichen des Ersten Friedhofs. Die Stelle, an der einst das Grab des großen Kämpfers der Revolution lag, ist mit seiner Büste geschmückt. Heute sind dort die Mitglieder seiner Familie begraben. Direkt hinter dem Denkmal befindet sich das Grab von Nikitaras, wie der Kämpfer Nikitas Stamatelopoulos genannt wurde, dessen letzter Wunsch es war, neben Theodoros Kolokotronis begraben zu werden.
Gegenüber befindet sich ein ganz besonderes Grabdenkmal, das mit einer Sarkophagimitation aus Marmor geschmückt ist. Dort ruht der Arzt und Politiker Georgios Glarakis, auf dessen Vorschlag hin 1838 die jährliche Feier des 25. März als nationaler Jahrestag der Revolution von 1821 ins Leben gerufen wurde. Im selben Korridor befindet sich auch das Grab mit der Büste eines weiteren Arztes, des deutschen Philhellenen Heinrich Treiber, in dessen Händen der Revolutionär und Kämpfer Georgios Karaiskakis seinen letzten Atemzug getan haben soll. Außerdem soll er später den Tod von Ioannis Kapodistrias bestätigt und seine Einbalsamierung vorgenommen haben.
Bei einem Besuch des Ersten Athener Friedhofs kann man sich auf eine Reise durch Kunst und Geschichte begeben und großartige Skulpturen und Grabdenkmäler bewundern. Er stellt eine der wichtigsten Attraktionen Attikas dar und ist ein Ort mit ganz besonderer Atmosphäre, an dem man in jeder Ecke Geschichten über die historischen und einflussreichen Persönlichkeiten des Landes entdeckt.